Bei der Betriebsratswahl können Fehler an diversen Stellen auftreten und unterschiedlich schwer ausfallen. Das bedeutet, dass nicht jeder Fehler dieselbe Folge hat:
- Manche Verstöße ziehen keine Folgen nach sich
- manche führen zur Anfechtbarkeit der Wahl
- und manche machen die Wahl ungültig (Nichtigkeit).
1. Fehler einer Betriebsratswahl ohne Folgen
Liegen Verstöße gegen bloße Soll- oder Ordnungsvorschriften vor, bleibt die Wahl trotz des Fehlers gültig. Wie der Name schon andeutet, sollen Soll- und Ordnungsvorschriften grundsätzlich eingehalten werden. Abweichungen sind aber möglich. Bei einem Verstoß bleibt der Betriebsrat also in der Regel für die gewählte Zeit im Amt und kann die ihm zustehenden Rechte und Pflichten wie üblich wahrnehmen.
2. Anfechtbarkeit einer Betriebsratswahl
Was bedeutet Anfechtbarkeit?
Im Gegensatz zur Nichtigkeit einer Wahl gelten diese Folgen erst ab dem Zeitpunkt der rechtskräftigen Entscheidung des Gerichts und nicht rückwirkend von Beginn an.
Daher bleiben alle Maßnahmen des fehlerhaft gewählten Betriebsrats, die vor der rechtskräftigen Entscheidung getroffen wurden, wirksam. Das gilt vor allem für Betriebsvereinbarungen, die mit dem Arbeitgeber geschlossen worden sind.
Wann ist die Betriebsratswahl anfechtbar?
Damit eine Betriebsratswahl anfechtbar ist, muss gegen
- Wahlvorschriften,
- die Wählbarkeit
- oder das Wahlverfahren
wesentlich verstoßen worden sein.
Dabei ist zu beachten, dass jeder Fehler für sich und nicht erst deren Addition wesentlich sein muss.
Selbst wenn diese Voraussetzungen erfüllt sind, machen sie in einigen Fällen die Wahl trotzdem nicht anfechtbar:
- Der Verstoß wurde rechtzeitig korrigiert. Rechtzeitig bedeutet, dass die Wahl danach noch ordnungsgemäß ablaufen kann.
Übrigens kann man sich sogar im laufenden Wahlverfahren an die Gerichte wenden, um die Fehlerkorrektur zu veranlassen (LAG Hamm, 13 Ta 70/16).
- Der Fehler ändert nichts am Wahlergebnis.
Beispiele
Verstoß gegen Wahlvorschriften
Wird etwa gegen die Grundsätze der freien Wahl und/oder der Chancengleichheit der Wahlbewerber verstoßen, kann die Betriebsratswahl angefochten werden.
Das entschied das Bundesarbeitsgericht in einem Fall, in dem der Wahlvorstand Dritten erlaubte, in die Wählerliste zu blicken. Problematisch war, dass aus dieser hervorging, wer bereits gewählt hatte und wer nicht. Die Liste war also schon mit Stimmabgabenvermerken versehen und der Wahlvorgang noch nicht abgeschlossen.
Ein Verstoß gegen den Grundsatz der freien Wahl lag vor, weil diejenigen, die noch nicht gewählt hatten, in eine unangebrachte Drucksituation gerieten.
Verstoß gegen die Wählbarkeit
Wählbar sind alle Wahlberechtigten, die bereits sechs Monate in dem Betrieb arbeiten. Die Abgrenzung, wer zu welchem Betrieb gehört, kann insbesondere im Gemeinschaftsbetrieb schwierig sein.
Ein wesentlicher Verstoß gegen die Wählbarkeit kann sich unter anderem aus einer fehlerhaften Wählerliste ergeben. Fehlerhaft ist diese schon, wenn der Wahlvorstand die Wählerliste nicht bis zum Tag vor der Stimmabgabe aktualisiert hat. Denn den Wahlvorstand trifft eine Prüfpflicht bezüglich der eingereichten Vorschlagsliste. Dabei darf er sie zwar noch am Tag vor der Wahl ergänzen, allerdings nicht mehr am Wahltag selbst.
Werden nicht Wahlberechtigte zur Betriebsratswahl zugelassen oder Wahlberechtigte nicht zugelassen, kann die Wahl angefochten werden.
Verstoß gegen das Wahlverfahren
Auch formelle Fehler bei der Vorbereitung oder Durchführung der Wahl können die Anfechtbarkeit begründen.
- Ein ordentliches Wahlverfahren liegt z.B. nur dann vor, wenn die Arbeitnehmer vor ihrer Stimmabgabe in geeigneter Weise über die Betriebsratswahl informiert worden sind.
- Der Wahlvorstand trägt die Verantwortung auch dafür, dass ausländische Arbeitnehmer, die kein Deutsch können, über den wesentlichen Gang des Verfahrens informiert werden. Ein zur Anfechtung berechtigender Verstoß kann also auch darin liegen, dass das Wahlausschreiben nur in deutscher Sprache bekannt gemacht worden ist.
- Dasselbe gilt, wenn die Einladung zur Betriebsversammlung zwecks Vorstandswahl nicht rechtzeitig erfolgt ist.
Wie funktioniert die Anfechtung einer Betriebsratswahl?
Die Anfechtung der Betriebsratswahl erfolgt vor dem Arbeitsgericht. Zuständig ist das Gericht, in dessen Bezirk der Betrieb ansässig ist. Bei einer erfolgreichen Anfechtung stellt das Arbeitsgericht verbindlich fest, dass die Wahl unwirksam ist. Sollte die Amtszeit des fehlerhaft gewählten Betriebsrats aber schon während des Verfahrens enden, endet letzteres ergebnislos.
Das Verfahren beginnt, indem ein Wahlanfechtungsantrag beim Arbeitsgericht gestellt wird. Der Antragsteller muss ausführen, in welcher Weise bei der Betriebsratswahl gegen wesentliche Vorschriften verstoßen wurde.
- Der Arbeitgeber
- Mindestens drei Wahlberechtigte
- Oder eine im Betrieb vertretene Gewerkschaft
Bei Einhaltung der Frist können weitere Gründe, die einen Verstoß unter Umständen belegen, nachgereicht werden. Erfolgt der Antrag jedoch zu spät, behält der fehlerhaft gewählte Betriebsrat bis zum Ende der Amtszeit sein Mandat.
3. Nichtigkeit einer Betriebsratswahl
Was bedeutet Nichtigkeit?
Es gibt aber auch Fehler, die so schwer wiegen, dass die Wahl von Beginn an nicht gilt. Wird die Nichtigkeit der Betriebsratswahl einmal festgestellt, ist der Betriebsrat so zu behandeln, als hätte er nie existiert. Das bedeutet:
- Die Betriebsratsmitglieder verlieren ihr Mandat
- Der Sonderkündigungsschutz gilt nicht mehr für die Ratsmitglieder
- Alle vom Betriebsrat getroffene Maßnahmen sind unwirksam
- Es kommt zu Neuwahlen
Wann ist die Betriebsratswahl nichtig?
Nur in Ausnahmefällen wird ein Fehler zur Folge haben, dass die Betriebsratswahl nichtig ist. Dabei muss zunächst ein Verstoß gegen die allgemeinen Grundsätze der Wahl vorliegen. Hierzu zählen Verstöße gegen Vorschriften des Betriebsverfassungsgesetztes sowie gegen solche der Wahlordnung.
Dabei reicht allerdings nicht jeder Fehler: Durch den Verstoß muss für jeden evident sein, dass ein wirksam gewählter Betriebsrat nicht besteht. Er muss also besonders grob und offensichtlich sein.
- Die Wahl ohne Vorstand
- Eine Betriebsratswahl, obwohl bereits ein Betriebsrat besteht
- Die fehlende Versiegelung der Wahlurnen
- Die Nichteinhaltung der Fristen im BetrVG oder der WO
- Eine Wahl außerhalb des Wahlzeitraums, ohne dass eine Ausnahmeregelung besteht
- Wahl per Handzeichen
Die Nichtigkeit muss zudem geltend gemacht werden. Der Gang zum Gericht bleibt also nicht erspart. Das ist allerdings durch Jedermann und jederzeit möglich – es gelten also keine Fristen.
Eine bestimmte Form ist zwar nicht einzuhalten, allerdings muss ein Interesse an der Feststellung der Ungültigkeit bestehen. Ein solches besteht z.B. dann, wenn einem Arbeitnehmer gekündigt wurde, da der Betriebsrat hierfür in der Regel angehört werden muss.
4. Fazit
- Wahlfehler sind unbeachtlich, wenn gegen Soll- oder Ordnungsvorschriften verstoßen wird.
- Andere Fehler machen die Wahl vor Gericht anfechtbar. Führen sie zu einer erfolgreichen Anfechtung, wird ein neuer Betriebsrat gewählt. Die bis zum Zeitpunkt der Anfechtung getroffenen Entscheidungen bleiben aber gültig.
- Offensichtliche und grobe Verstöße machen die Betriebsratswahl von vornherein ungültig, d.h. der Betriebsrat hat rechtlich nie existiert.
- Um eine Betriebsratswahl anzufechten, muss der Antragsberechtigte sich innerhalb einer zweiwöchigen Frist an das zuständige Arbeitsgericht wenden.