- Was kann der Betriebsrat beim Einsatz von Leiharbeitnehmern mitbestimmen?
- Worüber muss der Arbeitgeber den Betriebsrat informieren?
- Wann darf der Betriebsrat seine Zustimmung verweigern?
- Verfahren nach der Verweigerung
- Besonderheiten bei einem Stellenpool
- Folgen, wenn die Mitbestimmung umgangen wird
- Fazit
1. Was kann der Betriebsrat beim Einsatz von Leiharbeitnehmern mitbestimmen?
Das Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) räumt dem Betriebsrat einige Mitbestimmungsrechte ein. In § 99 BetrVG ist geregelt, dass der Betriebsrat bei der
- Einstellung
- Eingruppierung
- Umgruppierung
- Versetzung
von Arbeitnehmern mitzubestimmen hat. Arbeitnehmer in diesem Sinne sind auch Leiharbeiter.
2. Worüber muss der Arbeitgeber den Betriebsrat informieren?
Damit der Betriebsrat eine fundierte Entscheidung treffen kann, muss der Arbeitgeber ihn zunächst umfangreich informieren. Seine Zustimmung oder Verweigerung kann der Betriebsrat erst nach einer vollständigen Unterrichtung durch den Arbeitgeber erteilen.
Die Informationspflicht umfasst insbesondere:
- Beschäftigungsbeginn
- Beschäftigungsdauer
- Individuelle fachliche Qualifikation
- Für den Einsatz benötigte Qualifikation
- Einsatzbeginn
- Einsatzdauer
- Tägliche Beschäftigungsdauer
- Einfluss der Tätigkeit auf die Stammbelegschaft
- Beabsichtigte Arbeitsstelle
- Personendaten
3. Wann darf der Betriebsrat seine Zustimmung verweigern?
Der Betriebsrat darf nicht nach betriebspolitischem Belieben entscheiden. Das Gesetz nennt einzelne Gründe, die zur Verweigerung berechtigen.
Zunächst einmal kann der Betriebsrat seine Zustimmung verweigern, wenn der Arbeitgeber ihn nicht ordnungsgemäß informiert hat. Allerdings muss der Betriebsrat den Arbeitgeber auf die mangelhafte Unterrichtung innerhalb einer Woche hinweisen. Diese Wochenfrist beginnt mit dem Tag der fehlerhaften Unterrichtung. Versäumt der Betriebsrat die Wochenfrist, wird seine Zustimmung schlicht angenommen.
Bei ordnungsgemäßer Belehrung bestimmt § 99 Abs. 2 BetrVG, wann der Betriebsrat einen Einsatz verweigern kann:
Innerbetriebliche Ausschreibung
Der Betriebsrat kann verlangen, dass bestimmte offene Stellen vor dem Einsatz von Leiharbeitskräften zunächst innerbetrieblich ausgeschrieben werden. Unterlässt der Arbeitgeber nach einem solchen Verlangen die Ausschreibung und möchte er die Stelle direkt mit einem Leiharbeiter besetzen, so darf der Betriebsrat grundsätzlich seine Zustimmung verweigern. Ausnahmen kommen in Betracht, wenn die Stammbelegschaft für die betreffende Stelle offensichtlich ungeeignet ist.
Verstoß gegen gesetzliche Bestimmung
Verstößt der Einsatz von Zeitarbeitnehmern gegen eine gesetzliche Bestimmung, darf der Betriebsrat den Einsatz ebenfalls ablehnen. In diesem Zusammenhang sind folgende Konstellationen besonders relevant:
Prüfung der Stellenbesetzung mit schwerbehindertem Arbeitnehmer
Nach § 164 SGB IX hat der Arbeitgeber bei der Neubesetzung einer Stelle zu prüfen, ob diese mit einem schwerbehinderten Arbeitnehmer besetzt werden kann. Hierbei muss er die Schwerbehindertenvertretung beteiligen, den Betriebsrat anhören und frühzeitig Kontakt mit der Agentur für Arbeit aufnehmen. Findet diese Prüfung nicht oder nicht ordnungsgemäß statt, verstößt er damit gegen das Gesetz. Entsprechend darf der Betriebsrat die Zustimmung zur Besetzung der Stelle mit einem Zeitarbeitnehmer verweigern.
Vorübergehende Einstellung des Leiharbeiters gem. § 1 I b AÜG
Der Betriebsrat kann den Einsatz eines Leiharbeiters auch dann verweigern, wenn dieser nicht nur vorübergehend eingestellt werden soll. Aus § 1 Abs. 1b AÜG lässt sich nämlich ableiten, dass für die Leiharbeit ein Tätigkeitsverbot für eine dauerhafte Beschäftigung folgt.
Kündigungs- bzw. Versetzungsgefahr für Stammbelegschaft
Die Zustimmungsverweigerung kommt auch in Betracht, wenn für die Stammbelegschaft die Gefahr besteht, wegen der Zeitarbeit gekündigt zu werden oder andere Nachteile zu erleiden. Hierfür ist allerdings erforderlich, dass diese Gefahr durch konkrete Tatsachen vom Betriebsrat begründet werden kann. Bloße Vermutungen oder Befürchtungen genügt nicht. Beim Vorliegen solcher Tatsachen kann der Arbeitgeber die Kündigungs- oder Versetzungsgefahr ggf. noch durch betriebliche oder persönliche Gründe rechtfertigen.
Gefahr für den Betriebsfrieden
Wenn der Einsatz eines Leiharbeiters eine Gefahr für den Betriebsfrieden darstellt, kann der Betriebsrat seine Zustimmung verweigern. Das Gremium muss hierzu eine hinreichend schlüssige Prognose anstellen. Diese kann auf Erfahrungen aus der Vergangenheit gestützt werden. Ist etwa bekannt, dass der Leiharbeiter bei früheren Beschäftigungen rechtswidriges Verhalten an den Tag gelegt hat, kann die Prognose hierauf gestützt werden.
Zu nennen sind beispielsweise:
- Diebstahl von Gegenständen der restlichen Belegschaft
- Mobbing eines Arbeitskollegen
- Beleidigung von Mitarbeitern
- Sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz
4. Verfahren nach der Verweigerung
Bei ordnungsgemäßer Verweigerung durch den Betriebsrat darf der Arbeitgeber den Leiharbeiter zunächst nicht einsetzen. Er hat nun die Möglichkeit, die fehlende Zustimmung des Betriebsrats durch einen Antrag beim Arbeitsgericht zu ersetzen. Das Gericht überprüft dann, ob die Zustimmung zu Recht verweigert werden durfte. Hierbei muss der Arbeitgeber darlegen können, warum die vom Betriebsrat vorgetragenen Verweigerungsgründe nicht vorliegen.
Ausnahmsweise kann der Zeitarbeitnehmer trotz der Zustimmungsverweigerung des Betriebsrats vorläufig mit seiner Tätigkeit beginnen, wenn dies aus sachlichen Gründen dringend erforderlich ist. Gemeint sind Fälle, in denen der Betriebsablauf durch die unbesetzte Stelle erheblich gestört wird. Der Leiharbeiter hat hierbei regelmäßig eine besondere Qualifikation für eine zentrale Position im Betrieb.
Der Betriebsrat kann die vom Arbeitgeber vorgebrachte Dringlichkeit dieser Maßnahme bestreiten. Der Arbeitgeber kann den Einsatz des Leiharbeiters dann nur aufrechterhalten, wenn er innerhalb von drei Tagen einen entsprechenden Antrag beim Arbeitsgericht stellt. Darin verlangt er, die Zustimmung des Betriebsrats zu ersetzen und die sachlichen Gründe für den dringlich erforderlichen Einsatz festzustellen.
5. Besonderheiten bei einem Stellenpool
Leiharbeiter können in einen sogenannten Stellenpool aufgenommen werden, den das Zeitarbeitsunternehmen betreibt. Im Regelfall haben der entleihende Arbeitgeber und das Zeitarbeitsunternehmen zuvor in einer Rahmenvereinbarung vereinbart, welche Anforderungen der Entleiher an die potentiellen Leiharbeiter stellt. Anschließend kann das Einsatzunternehmen bei Bedarf Leiharbeiter vom Leihunternehmen anfordern. Der Verleiher wählt dann den passenden Leiharbeiter aus dem Stellenpool aus und überlässt ihn dem entleihenden Arbeitgeber.
Für die Aufnahme von Zeitarbeitern in einen Stellenpool hat der Betriebsrat keine Mitbestimmungsrechte. Er kann erst mitbestimmen, wenn es zum tatsächlichen Einsatz des Leiharbeiters beim Entleiher kommt. Der Arbeitgeber muss den Betriebsrat auch hier wie oben geschildert vor dem Einsatz eines Leiharbeitnehmers umfassend informieren. Erst dann kann der Betriebsrat seine Zustimmung oder Verweigerung vernünftig abwägen.
6. Folgen, wenn die Mitbestimmung umgangen wird
Setzt der Arbeitgeber einen Zeitarbeitnehmer unzulässigerweise ein, so steht dem Betriebsrat ein Aufhebungsanspruch zu. Der Einsatz des Leiharbeiters ist also rückgängig zu machen. Zur Durchsetzung dieses Anspruchs ist ein Antrag beim Arbeitsgericht notwendig.
Kommt der Arbeitgeber der Aufhebung nicht nach, so kann auf erneuten Antrag des Betriebsrats das Arbeitsgericht ein Zwangsgeld festsetzen. Hierdurch wird der Druck auf den Arbeitgeber erhöht. Das Höchstmaß des Zwangsgeldes beträgt für jeden Tag der Zuwiderhandlung 250 Euro.
7. Fazit
- Der Betriebsrat hat beim Einsatz von Leiharbeitern ein Mitbestimmungsrecht.
- Bevor der Arbeitgeber einen Leiharbeiter einsetzt, muss der Betriebsrat zustimmen.
- Zuvor hat der Arbeitgeber das Gremium über den Einsatz des Zeitarbeiters umfassend zu informieren.
- Der Betriebsrat darf seine Zustimmung nur aus Gründen verweigern, die das Gesetz vorgibt. Dazu zählen z.B. unzureichende oder falsche Information, Verstoß gegen gesetzliche Bestimmungen, Kündigungs- bzw. Versetzungsgefahr für die Stammbelegschaft sowie Gefahr für den Betriebsfrieden.
- Bei einer Verweigerung ist der Arbeitgeber grundsätzlich gehindert, den Leiharbeiter einzusetzen. Er kann die fehlende Zustimmung des Betriebsrats unter Umständen vom Arbeitsgericht ersetzen lassen.
- Für die Aufnahme von Zeitarbeitnehmern in einen Stellenpool hat der Betriebsrat keine Mitbestimmungsrechte.
- Wird die Mitbestimmung durch den Arbeitgeber umgangen, hat der Betriebsrat einen Aufhebungsanspruch. Besonders dringliche Maßnahmen kann der Arbeitgeber ggf. auch gegen den Willen des Betriebsrats durchsetzen. Eine Ausnahme gilt für die Einteilung in Schichtpläne.